Geschichte der Automatisierung und ihre Auswirkungen auf Arbeit und Beschäftigte
– Projekt 3 –
Automatisierung ist der Ersatz von menschlicher Arbeit durch Maschinen. Ihre Geschichte beginnt mit der Verwandlung von handwerklicher und Manufakturarbeit in industrielle Produktion und endet in der weitgehend automatisierten Fabrik, vielleicht sogar der gesamten materiellen Produktion und einem Teil der Dienstleistungen.
Der Einsatz von Maschinen, Fließbändern, Computern und Robotern ist immer mit neuen Arbeitsinhalten, Arbeitsstrukturen und der Substitution von Arbeitsplätzen durch Technik verbunden. Die Technisierung des Arbeitsprozesses in der Industrie hat historisch aber auch zur Aufwertung von Arbeit beigetragen und neue Arbeitsmöglichkeiten geschaffen. Das IGZA erforscht die historische Entwicklung der Automatisierung und ihre Wirkungen anhand der Textilindustrie und der Automobilindustrie als den beiden Industrien, die jeweils für lange Phasen eine Leitrolle in der industriellen Entwicklung hatten. Ziel ist es dabei, Stufen der Automatisierung und ihre Konsequenzen für die Arbeit und die Beschäftigten nachzuzeichnen sowie eine Systematik der Automatisierung zu entwickeln.
In der Textilindustrie hatte die erste industrielle Revolution einen zentralen Ausgangspunkt. Hier fand im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts – ausgehend von Großbritannien – eine enorme Dynamisierung der Entwicklung statt. Dieser Prozess wurde auch als einer der „Schlüsselmomente der Globalgeschichte“ bezeichnet. Das Aufkommen von Spinnmaschinen in einem Engpass der textilen Wertschöpfungskette führte zu rasanten Produktionssteigerungen. Dies wiederum förderte den Einsatz von dampfkraftgetriebenen Webmaschinen, um die Garne schneller verarbeiten zu können. In den Textilregionen etablierte sich der Maschinenbau als neuer Gewerbezweig, um den Bedarf an Spinn- und Webmaschinen zu befriedigen. Eisenteile der neuen Maschinen erforderten den Ausbau von Kohle-, Eisen- und Stahlgewinnung. Infolge technischer Neuerungen in der gesamten Wertschöpfungskette kam es zu enormen Produktivitätssteigerungen. Dieser Prozess war zugleich prägend für die Herausbildung von Konflikten über die Entwertung von Kompetenzen und Erfahrungswissen, über die Verdrängung von Menschen durch Maschinen, über Fragen von Arbeit und Herrschaft, Kontrolle sowie über Geschlechterverhältnisse im Betrieb.
Von Interesse sind die quantitativen, ökonomisch-statistischen und sozialen Auswirkungen dieses Maschinisierungsprozesses auf die Beschäftigung insgesamt, die Produktivität, die technischen Neuerungen und die Beschäftigten. Ausgangspunkt ist die Entwicklung im Pionierland Großbritannien, die mit Prozessen in anderen lokalen, regionalen und nationalen Textilzentren verglichen werden kann. Der Automatisierungsprozess setzte sich in der Textilindustrie weltweit bis in die Gegenwart fort, in ständiger Wechselwirkung von Lohndumping und Automatisierungsschritten. Die Analyse dieser langfristigen Entwicklungen kann Strukturanpassungsprobleme sowie Chancen und Risiken von Mechanisierung und Automatisierung in einer stark regional verankerten Textilindustrie deutlich machen.
Der Automatisierungsprozess setzte sich in der Textilindustrie weltweit bis in die Gegenwart fort, in ständiger Wechselwirkung von Lohndumping und Automatisierungsschritten. Die Analyse dieser langfristigen Entwicklungen kann Strukturanpassungsprobleme sowie Chancen und Risiken von Mechanisierung und Automatisierung in einer stark regional verankerten Textilindustrie deutlich machen.
Die Automobilindustrie hat im 20. Jahrhundert im Hinblick auf Wachstums- und Innovationsdynamik wie auch im Hinblick auf die Prägewirkung ihrer Konzepte der Produktionsorgansiation und Arbeitsgestaltung die Leitrolle eingenommen. Die IGZA-Forschung in diesem Teilprojekt erstreckt sich über den Zeitraum von der Entstehung des Systems der Massenproduktion Ende des 19. Jahrhunderts bis hin zu den aktuellen Entwicklungen im Bereich der Industrie 4.0. Untersucht wird der Wandel im Verhältnis von Arbeit und Technikeinsatz vor dem Hintergrund technologischer ebenso wie sozialer und ökonomischer Entwicklungen in den unterschiedlichen Kontexten auf der Ebene des Shopfoor in Automobilwerken in den USA, Japan und Deutschland. Im Zentrum stehen Werke, die bei der Herausbildung neuer Konzepte über eine bestimmte Zeit eine besondere Rolle gespielt haben. Soweit möglich sollen die Veränderungen in den zentralen Fertigungs-bereichen (Gewerken) nachgezeichnet werden.
Ziel der Untersuchung ist die Erfassung der Entwicklungsdynamiken, Triebkräfte und Motive, aber auch der Grenzen und Risiken der Mechanisierung und Automatisierung betrieblicher sowie überbetrieblicher Prozesse über einen langen Zeitraum. Im Hinblick auf die gegenwärtige Diskussion über Industrie 4.0 sollen bestehende Theorien über Stufenfolgen der Mechanisierung/Automa sierung überprü und der besondere Charakter von Industrie 4.0 Ansätzen gezeigt werden. Weitere Fragen im Rahmen des Projekts betreffen Auswirkungen auf die Strukturierung der Arbeit, auf Arbeitsinhalte und Arbeitsbedingungen, auf Arbeits- und industrielle Beziehungen haben. Welche Chancen bieten neue Techniken im Hinblick auf die Gestaltung von Arbeit, so etwa im Hinblick auf die Zukunft des Fließbandes und kurzzyklisch-repetitiver Tätigkeiten in der Automobilproduktion?
Das Projekt steht innerhalb des IGZA in enger Verbindung zu den Forschungsvorhaben über die langfristigen Trends (Projekt 2), dem Wandel in der digitalen Arbeitswelt (Projekt 5) sowie der Frage nach der Mensch-Maschine-Interaktion (Projekt 6).
Der Politikwissenschaftler und Industriesoziologe Ulrich Jürgens und der Historiker Jürgen Schmidt betreuen dieses Projekt innerhalb des IGZA. SozialwissenschaftlerInnen sowie Sozial-, Wirtschafts- und TechnikhistorikerInnen, die Beiträge zu diesem Forschungsprojekt leisten möchten, sind zur Mitarbeit willkommen.